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Was nun die Zähne des zweiten Sclijilcliens hetiitft. so traten bei ilnuiu die l-'ärbnn^cn
intensiver auf, vor allen Dingen seliien dei' Seliinelz nielir angCf^Tlffcn und f^lcichniässig f^oiblicli
<;et'äil)t. Diese verstärkte Wirkunj; kann man nur dem venuehrten Gehalte an gebranntem
Muschelkalk zuschreiben. Zunächst wirken die Alkalien zerstöiend ein auf (bis Selnnelz-
übcrliäutchen. auch der Sciunelz selbst wird von ilinen angegriffen: es bilden sich mikroskopisch
kleine Vertiefungen, die aber vollständig genügen, die OberHäciie rauh zu machen, sodass sich
der Farbstoff festsetzen kann.
Kerner verbindet sich das Calciundiydroxyd. denn in dieses wird der gebrannte Kalk
im Speichel zum grossen Teil übergeführt, leicht mit der im Speichel stets reichlich vorhandenen
Kohlensäure, was zur i^'olge hat. dass das an den Zähnen haftende, mit Farbstoff vermengte
Caiciumhydroxyd sich zu festem Calciumkarbonat verwandelt: Ca (CH).2 -j- CO2 = Ca CO..
-|- H._, 0. Auf diese Weise können wir uns auch die starken Ablagerungen von Zahnstein, der
ja zum grossen Teil aus kohlensaurem Kalk bestellt, wie sie an den Zähnen besonders von
Malayen beobachtet sind, erklären.
Wie gewaltig manchmal diese Ablagerungen sind, und welche unnatürlichen Um-
gestaltungen hierdurch hervorgerufen werden, geht am besten aus folgendem hervor:
Ad. de Boepsdor/f (221) sandte sechs durch Kalkablagerungen stark vergrösserte und
unförmlich gewordene Zähne an B. Virchow ohne Erklärung ein. Dieser in Anthropologicis
so bewanderte Mann wusste jedoch nichts damit anzufangen. Er beschreibt sie als ..höchst
ungewöhnliche Köri)ei-. wie er sie weder gesehen noch von ihnen gehört hat."
,.Die einzelnen Körper hatten in betreff" der (i rosse und des Aussehens am meisten
Ähnlichkeit mit etwas kleinen und veidrückten Rosskastanien. Die Oberfläche war glänzend
und glatt, die Farbe dunkelbraun, fast genau der Farbe einer reifen Kastanie entsprechend.
Der Gedanke, dass es sich um eine Frucht handelte, wurde noch mehr unterstützt
dadurch, dass an einer Stelle, zuweilen an dem verjüngten Ende, zuweilen mitten aus dem
Körper heraus, ein kurzer, spitziger Stiel hervortrat."
Als Roepsdorffs Erklärung eintraf, entpuppten sich die rätselhaften Gegenstämle.
welche die ganze einschlägige Gelehrsamkeit der Reichshauptstadt in Ratlosigkeit versetzt
hatten, als harmlose, vergrösserte Zähne.
Roepsdorff' hatte sie unter dem Volke der Shom-Moat gesammelt, in der Nancowry-
Gruppe. wo sie sehr oft vorkommen.
Alle Eingeborenen der Nikobaren essen nämlich im Übermass Betelstaub. Betel nüsse
uiul ungelöschten Kalk. Die Bildung von Absätzen des durch Chamicalaub gefärbten Kalkes
ist jedoch nicht gleich häufig auf allen Inseln. Die kolossalen Zähne werden hauptsächlich
um den Nancowry-Hafen. in Nancowry, Camorta und auf den Trienkut-lnseln angetroffen.