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die l'iilpa \)v\ dic^scf Alt der Dcloiiiiation mir sclnvcr imi^olion: sie wird ciitwodcr diri'kt
freip:elof't oder es bleibt nur so wonif; von der schützenden Dentindecke erhalten, dass sie
unter (1(mi auf' sie einwirkcMideii äusseren Reizen schnell abstirbt.
Unbegreiflich erscheint es uns. dass die Naturvölker an den Zähnen so tie^reifende
Verunstaltunf>en vornehmen, die ihnen t'raf>los manche schmerzvolle Stunde eintragen.
Von l^'orschunf>"sreisen(len ist wiederholt berichtet worden, dass die armen Opfer der
Operation s Taj^e laufj, die Zähne nicht f>ebrauchen konnten, dass ausserdem unter heftif^en
Schmerzen häuHj^- genu^- starke Schwellungen des Gesichtes eintraten, ein Beweis dafür'
dass auch hier die Yerletzunj^' der Pulpa ihren baldigen Zerfall, Entzündung der Wurzelhaut.
des Knochenmarkes und des Kieferknochens nach sich zog.
Auch sprechen die in unseren Sammlungen aufgestellten Schädel mit derartig de-
formierten Zähnen eine deutliche Sprache: sehen wir doch auffallend häuhg in ihrem Be-
reiche ausgedehnte Knocheneinschmelzungen, erbsen- bis wallnussgrosse Höhlen, die durch
Eiter oder (Iranulationsbildung entstanden sind. (Vergl. Fig. 1.)
Ein (lefühl des Bedauerns beschleicht uns. wenn wir sehen, wie ein von Xatur
hervorragend starkes und makelloses Gebiss. ohne jegliche Spur von Caries. durch mutwillige
gewaltsame Eingriffe in seiner wichtigsten und schönsten Partie zerstört wird.
Gerade die Völker, die die Caries und ihre lästigen Folgen am wenigsten kennen,
betreiben diese Unsitte in ausgedehntem Masse; es ist fast so. als könnten sie die Güte der
Natur nicht ertragen, als müssten sie sich für die Caries, diese Geissei der Cultivierten, in
der Verunstaltung der Zähne ein Äquivalent verschaffen.
Doch überheben wir uns nicht zu sehr — was geschielit niclit alles bei uns im
Dienste des subjektiven Schönheitsgefühles. Wie oft habe ich es als Leiter einer stark be-
suchten zahnärztlichen Poliklinik erleben müssen, dass Mädchen vom Lande ihre kräftigen,
prachtvollen Vorderzähne opfern wollten, um dafür künstliche, aber kleinere Zähne von
blendend weisser Farbe einzutauschen. Welche Überredungskunst gehörte manchmal dazu,
sie von diesem Vorhaben abzubringen!




In der Regel werden nur die Schneidezähne des Oberkiefers, seltener auch die
betreffenden Eckzähne oder beide Zahnreihen der einfachen Zuspitzung unterworfen.
„Dass nur die unteren gespitzt werden, kommt nicht vor." sagt Iheriug, eine
Behauptung, die nach den neuesten Nachrichten nicht mehr aufrecht erlialten werden kann.
Es sei beispielsweise an dieser Stelle auf eine Notiz E. Zinfgrn/f'!> (2S) über die Bali im
nördlichen Hinterlande von Kamerun aufmerksam gemaciit. nach der bei den Weibern dieses
Stammes nur die beiden unteren Schneidezähne zugespitzt werden.
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