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Das Verdrängen der Zähne ans ihrer Stellung.
iliine eigenartige und zugleich wenig verbreitete, auf Afrika beschränkte Erscheinung
ist (las künstliche Vordrängen der oberen Schneidezähne, wie es uns z. B. Faidhcrhe (287)
von der aus Arabern. Berbern und Negern gemischten Bevölkerung am Senegal mitteilt.
Bei manchen Frauen sind daselbst die Schneidezähne des Oberkiefers in sehr auf-
fallendem Grade vorragend, was auf folgende Art erzielt wird: ..Schon die Milchzähne werden
zu diesem Zwecke den 3Iädchen mit einer Zange ausgezogen und die definitiven Zähne mit
den Fingern und der Zunge nach vorn gedrängt, was vollständig genügt, einen künstlichen
dentalen Prognathisnms zu erzeugen." Die Folgen dieser Verunstaltung sind gewiss keine
unbedeutenden. Der im Oberkiefer erzeugte Prognathismus muss kompensierend auf den
Unterkiefer übergehen, indem der .Mittelteil des Unterkieferkörpers samt den Schneidezähnen
sich vorneigt, um den weit ausladenden Oberkiefer zu erreichen. Hierdurch wird die Profillinie
winkelig abgeknickt und der Mund selbst schnauzenartig vorgetrieben.
Die berührten Verhältnisse müssen die Gesichtsweichteile in ganz hervorragender
Weise modifizieren, denn bei starker Prognathie werden die Scheidewand und die Flügel der
Nase nach oben abgelenkt, die Nasenöffimng nach vorne gerichtet, und (Hose Aufwärtsbiegung
veranlasst wieder eine Abflachung des knöchernen Nasenrückens. Die Lippen werden schräg
gelegt und zwischen denselben treten zuweilen die gleichfalls schräg gestellten Frontzähne hervor.
Auch unter einigen Stämmen Ostafrikas wird dieser künstliche Prognathismus angetroffen.
So berichtet Baumann (23
ausgezogen werden: und zwar tritt die Zahnverstümmelung beim Eintritt in die Mannbarkeit
(bei Knaben im l(i.. bei .Mädchen im 12. Jahre) ein. Die Verstümmelung wird nicht (hn-ch
den Zauberdoktor, sondern durch einen Kundigen vorgenommen.
Die Wataturu. sprachlich nahe Verwandte der Massai. haben sich ebenfalls diesem Ge-
brauche angeschlossen: Beim Beifwer(hMi werden (He Zähne nach Massaiart hergerichtet, d. h. die