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Das Aiisl'oiloii dor mittloion oboroii Sclnicidozähne sescliiolit in der Roßcl später als
das Ausliaiien der unteren Zähne und unterscheidet sicli von dem h'tzteren aucli dadurch,
dass es nicht das Resultat einer einnialif;en Operation ist. sondern durch successive täf^liclie
üeh.iiKHiin^ mit einem rauhen Steine erzielt wird.
Die obere Lücke in der Zahnreihe nennt der ()muher(>ro ..otji vuondindi". die untere.
p;rössei"(> ..Orn vara": ein Maim. an (hMU (hese Operation nicht vorjienommen worih'ii ist. jiilt
als „oniundu nonf>uavi".
Die Sitte des ..Okuha" ist (M'wieseneiiiiassen nur von ^crinj^cr i-eHj^i()ser Hedentunf;-:
über den ihr zu (irun(h> lic^iicnden Z\v(>ck sind (He Ovahei-ero im Unklaren.
Es ist möf^iich. dass wir (hirin ein Nationalzeichen zu erkennen haben, wie denn
auch jedei' ..omundu non^uavi" meist kurzwe.j>- als ..oniuntua". l-'remder. bezeichnet wird.
\vo schaft ist. In (k^n beiden Zahnlücken sehen die Kin<'eborenen eine \'erschönerunK des Oe-
sichtes: so saint der Omuherero z. 15. auf ein christHches und daher nicht opeiiertes Mädchen
hinweisend: ..0 musuko n^o omura. nH)n du tje non ^iiavi." d. h. ...l(>ne .lunul'rau ist
schön, nur schade, dass sie (Muen zahni;(>t'üllten .Mund hat." Dies(^ uns befrenulende .\nsicht

ist so alli^emein. dass sich bisweilen so nachträfiiich dei' qualvollen 0{)eration unteiwert'en. und zwar ineschieht dies vorzuj^sweisc von
llerero-Schönen. deren Schönheitssinn und (reschmacksrichtun^ sich mitunter ebenso sehr auf
das Widernatürliche richtet, wie das bei ihren weissen Schwestern in Kuropa (I(m- l-"all ist."
Hier sei es mir .uestattet. auf eine Notiz LichtenKtcliis (l()(i) hinzuweisen, die in
mehrfacher Beziehung- beachtenswert sein dürfte. Zunächst bestätigt sie das \'oikommen
der Lückenfeilnn^- unter den Ovaherero vor mehr als 1 .>0 Jahren, sodann j>ibt sie uns auch
einen Aufschluss über den Zeitpuidvt der Einwandern nii der Damara von Nordosten her in
hre jetzige Heimat.
Lichfoisfe/H erzählt uns nämlich von einem alten Xama. dei' ihm mitgeteilt habe,
er sei in früher Jugend von den Damara (Ovaherero). mit denen sein Volk harte Kämpfe
an der Nordgrenze seines Landes zu bestehen gehabt habe, gefangen genommen, und zum
Zeichen der (refangenschaft seien ihm die Vorderzähne ansgesplittert worden.
Man liest nun gewöhnlich, die Herero seien erst im Anfange dieses oder Ende des
vorigen Jahrhunderts eingewandert in ihre heutigen Gebiete. So gibt es auch z. B. Dr.
Heinrich Sehurtz (107) an. Pechnel-Loesche ( lOS) dagegen verlegt ihr Einrücken in die
nördlichen Teile des Gebietes in (V^u .\nfang des vorigen Jahrhunderts, was der Notiz Lichfen-
steins besser entspricht.
Die Anwendung der Lückenfeilung auf den Gefangenen und die Angabe des Stammes-
namens zeigen, dass wir die Vorfahren der heutigen Herero in dem von ihnen noch heute
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