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Das ist ein hohes Sühnegeld, denn im § 20(S ist (heselbe Siuiiino für die fahrlässige
Tötung eines Freigelassenen als Busse festgesetzt.
Hieraus kann nuiu auf eiiu> Wortscliätzung des (lebisses bei den i^abyh)uieni vor
4000 Jahren schliessen. die zum mindesten uuserei- uiodei-iuMi Auffassung entspricht.
Während dei' Kuhurmenseh alles aufbietet, seine Zähne in ihrer urs])rünsiliclien
schönen l^'orm zu erhalten oder dovcn \'eiiust durch die Kunst zu ersetzen, nehmen die
Naturvölker an diesem wichtigen Organe arge A^M-stünunelungen voi'. indem sie ihre Zähne
teils kurz oder spitz feilen, teils auf künstliche Art fäiben oder auch ganz ausschlagen.
Wir dürfen jedoch aus diesei" (iewohnheit nicht den Sclilnss ziehen, die Zähne seien
den Naturvölkern gleichgiltig: sie schätzen sie sehr, doch nur als Schönheitsmittel, ihren
waiiren fnnctionellen Wert erkemien sie nicht in dem Masse, wie wir.
Dass ihnen die Natur mit den kräftigen Zähnen die l)(>sten Tischmesser verliehen
hat. werden sich die Wilden schwerlich bewusst sein, wohl aber gelten ihnen die
glänzeiulen. in die .Vugen springeiulen Zähiu' als ein Schmuck, der besoiulers geeignet i-st,
zugleich Ti'äger ihrer Abzeichen und Stammesnierkniale zu sein. In diesem Simie |)flegen
und hegen sie die Zähne. So können wii' es verständlich linden, dass auch die Natui'völker,
die eine starke Verstümmelung der Zähne vornehmen, daneben die sorgfältigste Pflege des
Gebisses beobachten, wie das aus folgenden Notizen, die verschiedenen Reisebeschreibungen
entnommen sind, ersichtlich ist.
Von den Eingeborenen im Süden des unteren Kongo berichtet J)r. II o///' ((5):
..Bei den Kongoleuten fehlen uuMst die beiden mittlei-en Schneidezähne, d. h. sie sind
entweder ausgezogen oder gewöhnlich über der Wurzel abgebrochen: seltener sieht man sie
ausgefeilt, so dass luu- die respektiven äusseren Kanten stehen bleiben."
Hieran anschliessend fährt er unmittelbar fort: ..Zugleich will ich den in Euroi)a sehr
verbi'eiteten (ilauben. dass die Neger ihre Zähne nicht putzen, berichtigen. Ks putzen wohl
in Kuropa sehr wenig .Menschen ihre Zähne so vielfach und so ausgiebig."
Von den Loangouegern. die ebenfalls ihre Zähne bearbeiten, heisst es in dem Reise-
bericht der Loango-Expedition (7): ..Ihre Reinlichkeit ist unter den Weissen der
Küste allgemein anerkannt, sie geht so weit, dass sie nach jeder Mahlzeit den .Mund
mit AVasser spülen und die piächtigen Zahnreiheu mit dem ZeigeHuger von etwa anhaftenden
Resten befreien, in einzehu^n ! allen sogar ausgefaserte Hölzchen als Bürsten zu demselben
Zweck benutzen."
Von den Eingeborenen der Insel Nauru berichtet Scnfff (S): ..Die grösste Sorgfalt
wird auf die Pflege des Haares mul der Zähne verwandt, die letzteren sind ausschlaggebend
für die Beurteilung der Schönheit, mul (\vr gegen eine Nauru-Kingeboieiu^ (Mhobene Vorwurf,
sie habe fehlerhafte oder scIimutzigeZähne, wird aiseine grobe, kränkende Beleidigung aufgefasst."